Verfassungsmäßigkeit der steuerlichen Grundfreibeträge ab 2023 laut FG-Urteil bedenklich

„Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“, so steht es in Artikel 3 unseres Grundgesetzes. Ausdruck dieses Grundsatzes ist, dass unser Staat alle Menschen gleich behandeln muss – auch in der Zusicherung ihres Existenzminimums. Dieses bestimmt sich grundsätzlich nach den sozialrechtlichen Vorschriften.

Dieser Grundsatz ist gefestigte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, ebenso wie das Abstandsgebot zwischen dem steuerlichen und dem sozialrechtlichen Existenzminimum. Dieses Abstandsgebot beinhaltet, dass Menschen, die arbeiten und damit Steuern abführen, ein um 25 % höheres steuerfreies Existenzminimum haben müssen, als Menschen, die das nicht tun.

Mit der Einführung des Bürgergeldes wird jedoch gegen diese vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze unserer Auffassung nachverstoßen. Denn faktisch liegen die steuerlichen Grundfreibeträge nämlich unter den Leistungen des SGB II. Hier drin sehen wir einen Verstoß gegen Artikel 3 des Grundgesetzes. Bürgerinnen und Bürger, die sich in einem Arbeitsverhältnisbefinden oder selbständig sind, werden damit schlechter gestellt als diejenigen, die Leistungen nach dem SGB II erhalten.

Ob die Leistungen, die nach dem SGB II als Bürgergeld ausgezahlt werden, angemessen sind oder nicht, ist nicht Gegenstand der von uns eingereichten Klage.

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein urteilte nun, dass die beschriebene Benachteiligung nicht gegen Artikel 3 des Grundgesetzes verstoße und demnach zulässig sei. Trotz mehrfach vom Gericht geäußerter verfassungsrechtlicher Bedenken leitete es her, dass diejenigen, die in unserem Gemeinwesen einer Arbeit nachgehen, also Steuern sowie Sozialbeiträge leisten, schlechter gestellt werden dürfen als diejenigen, die von staatlichen Leistungen leben. Von dem höchstrichterlich entschiedenen Abstandsgebot ganz zu schweigen.

Wobei dieses verfassungsrechtlich gebotene Abstandsgebot auch immer wieder von Mitgliedern der Politik dahingehend herausgestellt wird, dass sich Arbeit lohnen müsse.

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein stellt sich unserer Rechtsauffassung nach damit gegen frühere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes, das die Verfassungswidrigkeit in der Vergangenheit in derartigen Fällen bejaht hat. Aufgrund der Bedeutung des Falles und eigener verfassungsrechtlicher Bedenken hat das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen, welche zwischenzeitlich auch eingelegt worden ist. Dieses Verfahren wird unter III R 26/24 beim BFH von uns geführt.

Im Ergebnis wird die Entscheidung über die – unserer Auffassung nach verfassungswidrige – Ungleichbehandlung nicht nur die mehr als 34 Millionen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigte in Deutschland betreffen, sondern auch vielen weitere Millionen Bürgerinnen und Bürger: von Beamtinnen und Beamten über Selbständige bis zu Rentnerinnen und Rentner, die Steuern abführen.

Gez. Jan Osterloh

Pressemitteilung von Parbs Osterloh Steuerberater & Rechtsanwalt vom 25. Juli 2024.

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